Eine chance.
Eine Chance zu haben um der Mensch zu sein, der man sein
will. Diese Chance hätte ich gerne gehabt. Sie nahmen mir die Möglichkeit, mich
zu zeigen, offen ohne Vorbehalte. Mein
wahres Gesicht zu zeigen, ihnen etwas von meiner Persönlichkeit zu offenbaren,
ihnen einen Teil meiner Seele anzuvertrauen. Mich nackt vor ihnen zu entblößen,
einmal die Hosen runter zu lassen und in dem Gefühl aufzugehen man selbst zu
sein. Nur man selbst.
Sie nahmen mir den Mut gerade zu stehen und Stolz auf das
zu sein was ich bin. Ich habe nichts
mehr worauf ich stolz sein könnte. Ich kann nicht mal mehr in den Spiegel
schauen. Überall sehe ich nur die Bilder von mir, aus verschiedenen Zeiten,
jedes Bild hassenswert und hässlich.
Ich kann mich selbst nicht mehr sehen ohne auszurasten,
ohne zusammen zu brechen.
Ich sehe die ganze Zeit nur das Mädchen von früher. Das Mädchen
was ich in der Grundschule war und auch noch in der 5. Und 6. Klasse. Wie sie
sich verändert hat in den nächsten Jahren, wie sehr es bergab mit ihr ging. Und
wie wenig es die Leute es interessiert hat, dass es ihr immer schlechter ging.
Ich spüre noch jeden einzelnen Tag an dem ich gedemütigt
worden bin, an dem man mich bloßgestellt hat. Man kann Dinge verdrängen, aber
sie komme immer wieder, die Erinnerungen daran. Und sie wollen ihre Krallen
tief in mein Fleisch schlagen und mich auffressen, mir das Fleisch von den
Knochen reißen.
ich bin nicht schlecht, nicht gut. Niemand ist gut oder
böse, jeder hat etwas davon in sich. Auch wenn ich die Leute, die mir das
angetan haben als schändliche Personen ansehe und mit dem Teufel gleich stelle
(Ja, ist echt so, voll übertreiben ^^… )… so sind sie das nur für mich, weil
sie mir das alles angetan haben und es ihnen immer noch so gut geht, während
ich weine und mich gebrochen fühle, allein und verlassen. Gezeichnet. Den Schmerz kann man mir nicht nehmen und diese
unendliche Wut auf sie.
Sie gehen immer noch durch die Straßen, kleine Steine
lagen auf ihren Wegen, die leicht zu entfernen waren, Kummer über ein
verstorbenes Haustier oder das Ende einer Beziehung. Sie sind immer noch die gleichen von früher,
niemand hat sie jemals dazu gezwungen sich zu verändern, niemand hat ihnen
gezeigt, dass sie wenig wert sind. Das sie grässlich sind, das sie besser Tod
als lebendig sein sollten.
Ist es fair sie zu hassen, weil sie noch nie die harten
Schläge abbekommen haben? Weil sie immer
jemanden hatten der hinter ihnen stand, der ihnen halt gab und helfen konnte?
Nein, aber es ist schwer nicht wütend zu werden, wenn man
sie sieht mit ihren Tränen in den Augen sobald etwas nicht läuft wie es sollte.
Ein mal läuft etwas nicht nach Plan, was für ein Weltuntergang. Willst du mal was von meinem Leben abhaben?
Meinen Weg nachgehen, jeden Brocken allein aus dem weg schaffen, allein durch
den dunkelsten Wald gehen und immer nur auf dich allein gestellt sein. Willst
du wissen, wie schön das Gefühl ist, dass man fällt ohne Hoffnung auf jemanden
der einen wieder hoch hilft. Wohl eher nicht. Bei mir ging schon so viel
schief, dass ich Lachen muss, weil es nicht mehr so schlimm ist.
Jeder macht Fehler, jeder fällt. Das wichtigste ist, dass
man daraus lernt und jedes mal wieder aufsteht. Ob man nun einmal fällt oder
99.999 mal – das wichtigste ist, dass man wieder aufsteht.
Ist es fair sie zur Rechenschaft zu ziehen, weil sie alle
nur zugeschaut haben, während man dort stand und bloßgestellt worden ist? Das
sie dastanden und sich weggedreht haben, hinterm Rücken über einen gelacht haben, einen für
schwach gehalten haben?
Nein, weil sie ja recht haben: Es war schwach. Aber ich
habe es nie anders gelernt. Ich bin eine Kämpferin, aber niemand der sich
wehren kann, der zurück schlagen kann. Ich nehme es hin und mache weiter.
Wer bin ich schon? Nicht mal meine Eltern interessieren
sich für mich. Ich stand immer ganz unten auf ihrer Liste. Ich bekam ja auch
immer alles allein hin. Alles…
Statt liebe bekam ich fast all meine extra Wünsche
erfüllt.
Statt Aufmerksamkeit, konnte ich fast alles machen, was
ich wollte.
An Stelle von Rückhalt, ließ man mich fallen und
zerbrechen bis ich nicht mehr konnte.
Alles zusammen wird zu einem Cocktail der einen zerstört,
einen von innen heraus auffrisst und alles aus einem tilgt, was einen an diesem
Leben festhält.
All die Wut richtet man
gegen sich selbst.
Das Mobbing bringt einen dazu sich selbst ins Fleisch zu
schneiden, sich Erinnerungen zu schneidern aus Blut und Tränen, schmerzhaft und
für immer auf dem Körper verewigt. Sichtbar für jeden der sich nicht vor deren Existenz
fürchtet. Die Narben verschwinden nie,
besonders nicht die auf der Seele.
Es bringt einen zum Hungern und Kotzen, um sich dort Ecken und Kanten zu
machen, wo sie für alle deutlich zu sehen sind, weil man in seinem Charakter
nicht genug davon hat. Um das zu zeigen, was man nicht sagen kann. Dass doch
nicht alles ok ist, dass man es nicht mehr aushält. Widerspruch zu zeigen, still zu schreien und
sich zu wehren. Wir haben es nie anders gelernt.
Komisch, das nicht mal der Schmerz den man nach außen hin
trägt gesehen wird.
Doch jetzt reicht es langsam, das herum Geschubse, die Wut
die nur ich selbst zu spüren bekomme. Ich werde mir wahrscheinlich einen
Therapeuten anschaffen in den nächsten Wochen, zwar nicht das Hungern aufgeben
weil ich immer noch so dünn sein will, aber ich werde mir auch in meiner
Persönlichkeit Ecken und Kanten aneignen und lernen mich zu wehren. Ich bin es
leid, die Rolle des Opfers zu spielen. Ich bin es leid, dass man mir wehtut und
mir Sachen wegnimmt die man mir nicht nehmen darf.
Ich hole alles zurück was mir gehört und mehr.
Und ich werde nicht mehr versuchen alles zu verdrängen.
Alles was mir aus den letzten Jahren einfällt, werde ich aufschreiben um
endlich darüber hin weg zu kommen.
Das ist mein Leben und ich will es verdammt noch mal
wieder haben!